NZZ setzt auf Zukunftskarte: Know-how (und Paywall)

von Steffen Greschner am 25. November 2011 · 323 Kommentare

Die NZZ hat eine Entscheidung getroffen, die weit über die Paywall hinaus geht: Die Schweizer entwickeln konsequent das eigene Produkt. Durch die längst überfällige Zusammenlegung von Online- und Offline-Redaktionen reagiert die NZZ mit der wahrscheinlich einzig richtigen Möglichkeit auf die Marktgegebenheiten:

Es gibt keine Trennung mehr zwischen Print- und Onlinejournalisten der “NZZ”. Sie werden in verschiedenen thematischen Redaktionen zusammengeführt und dabei Inhalte für alle Kanäle produzieren, also sowohl für die Print-, iPad- und auch für die Onlineausgabe. Wie hat das Team diese Neuerung aufgenommen? “Die Redaktion ist sehr leistungsfähig. Sie hat eine hohe Loyalität zur Marke NZZ und sie ist überdurchschnittlich gut qualifiziert – inhaltlich wie auch handwerklich. Aber natürlich braucht sie nun auch noch etwas Motivation. Und die bekommt sie von mir, ” meint Markus Spillmann zuversichtlich. Die Leitung der gesamten Redaktion liegt künftig bei ihm, Peter Hogenkamp wird die Digitalen Medien weiterhin leiten.

Um nicht weiter beim (online)Know-how ins Hintertreffen zu geraten, werden auch viele andere Verleger diesem Schritt folgen müssen. Die Zukunft ist digital. Um mit journalistischen Produkten auch in Zukunft erfolgreich zu sein, braucht es Wissen und Übung und neue Prozesse – vor allem in den Redaktionen. Verlage die auch heute noch den Großteil der eigenen Kompetenz im Print bündeln und lediglich kleine Online(anpassungs)-Redaktionen haben, werden mehr und mehr ins Abseits geraten. Wenn das Produkt steht, klappt auch die Vermarktung.

Einen Schritt in diese Richtung ist auch schon die Rheinische Post gegangen, die mit RP Plus eine rein digitale und kostenpflichtige Sonntagsausgabe in Form eines Wochenmagazin anbietet. Das Projekt bietet den Redakteuren die Chance zu testen und neues Know How zu erlenen und zu entwickeln, wie der Projektleiter meint.

Mit welchem Nachdruck die NZZ gerade an einer digitalen Neuausrichtung arbeitet, zeigt auch der Wechsel der langjährigen Werbeagentur, wie W&V heute gemeldet hat. Für die kompletten NZZ-Medien wird in Zukunft Jung von Matt und nicht mehr Publicis verantworten. Publicis war 16 Jahre die NZZ-Hausagentur. Eine neue Strategie, braucht neue Partner:

Marius Hagger, Leiter Verlage NZZ, meint zu dem Agenturwechsel: “Publicis und die NZZ haben zusammen Werbegeschichte geschrieben. Mit dem blauen Bleistift wurde eine der prägnantesten Kampagnen kreiert, die je für ein Medium zum Einsatz gekommen ist. Aufgrund der kompletten Neuausrichtung unserer Kommunikation haben wir uns entschlossen, diesen Weg mit einer neuen Agentur zu gehen.”

Man kann sehr gespannt sein, wie viele Verlage in den nächsten Jahren oder sogar Monaten dem Beispiel der NZZ folgen werden und ihre Redaktionen zusammenlegen. Paywall hin oder her.

Paid-Content in US-Lokalblog: Crime & Safety Report

von Steffen Greschner am 24. November 2011 · 6.938 Kommentare

Das gerade ein New Yorker Lokalblog eine Paid-Content-Strategie wählt, mag auf den ersten Blick etwas verwundern. DNAinfo hat einen typisch amerikanischen Fokus für die aktuelle Paid-Content-Offensive gewählt: Bezahle mich und ich nehme Dir die Angst. Bezahlt wird also nicht für die täglichen journalistischen Inhalte, sondern für den Crime & Safety Report:

The company is also developing a paid content revenue stream, in its Crime and Safety Reports, for which it charges $3.99. That’s pretty steep for data routinely offered up by The New York Times, but their interactive report is much more comprehensive and contextualized. In addition to raw data (robberies up, murders down), the report includes a timeline of famous New York crime, news stories about local crimes in each neighborhood, and neighborhood demographic histories that should be required reading for gentrifiers as they peruse Craigslist sublets.

Der Crime Report zeigt auch die Ernsthaftigkeit mit der in den Staten (Hyper)Lokalblogs (Übersicht New York Hyperlocals) inzwischen betrieben werden. Als Verantwortlicher zeichnet der ehemalige Chefreporter der New York Post, Murray Weiss. Weiss war über zwanzig Jahre investigativer Reporter bei der Post und gilt als der Mann mit den besten Verbindungen zur New Yorker Polizei. Seit einem Jahr arbeitet er für DNAinfo.

New Yorker Top-Journalist arbeitet für Lokalblog

Die Aufbereitung des Crime & Safety Reports ist eine geschickte Zusammenführung frei zugänglicher Daten und Archivmaterials. Interaktive Karten zeigen die Criminal-HotSpots und eine Zeitleiste erklärt die größten Verbrechen der letzten Jahre:

Frei zugängliche Daten können Grundlage für journalistische Inhalte und Paid-Content Angebote sein. Es kommt nur darauf an wo und wie man die Daten aufbereitet. Ob ein Crime&Safety Report in der deutschen Provinz funktioniert? Eher nicht! Für Deutschland braucht es andere Ideen und die Verwertung anderer Daten.

Content-Schleuder Suite101 wird Google-Liebe entzogen

von Steffen Greschner am 23. November 2011 · 158 Kommentare

Im E-Commerce setzt sich zur Zeit die Erkenntnis durch, dass SEO-getriebene Konzepte wenig nachhaltig sind. Dass Inhaltsgetrieben Konzepte vor der gleichen Entwicklung stehen ist absolut logisch. Mit Suite101 hat jetzt einer der größten Content-Schleudern einen herben Schlag erhalten und das Berliner Büro geräumt. Als Schuldigen sieht man allerdings nicht das eigene Konzept, sondern das letzte Google-Update:

Wie bereits vor einigen Monaten dargestellt, leidet unser weltweiter Traffic seit Februar dieses Jahres unter an Googles Suchmaschine durchgeführten Änderungen, den mittlerweile bekannten “Panda”-Updates. Suchmaschinen sind der natürliche ‘Vertriebsweg’ für hilfreiche Artikel im Internet, wobei zurzeit insbesondere in Europa “Suchmaschinen” mit “Google” gleichzusetzen sind. Während wir in der Vergangenheit von Verbesserungen bei Google meist profitierten, werden unsere Artikel dort derzeit schwächer gerankt als sie sollten.

Das Suchmaschinen eben gerade nicht der “natürliche Vertriebsweg” für Inhalte sein sollten, zeigt sich bei einem Blick auf die Statistik:

Einseitig auf Google und Suchmaschinenoptimierung ausgelegte Konzepte waren und sind ein Spiel mit dem Feuer. Läuft alles gut – ist gut. Ändert Google den Algorithmus – ist alles weg. Welche Auswirkungen das im Speziellen hat, sieht man bei Suite101:

Während Suite101.de noch zu Jahresbeginn operativ profitabel arbeitete und unsere restlichen europäischen Aktivitäten als Investition vom Rest der Firma mitgetragen wurden, erwirtschaften nun alle europäischen Seiten trotz noch im Sommer durchgeführter Sparmaßnahmen Verluste. Vor die Wahl gestellt, entweder diese Situation auf unabsehbare Zeit hinzunehmen oder aber über die kommenden Jahre Ressourcen in die Weiterentwicklung von Suite101 mit Ziel der letztlichen Befreiung von unserer Google-Abhängigkeit investieren zu können, haben wir uns für die zweite Alternative entschieden und müssen entsprechend unser redaktionelles Modell in Europa der wirtschaftlichen Lageanpassen.

Was den einen empfindlichen Schaden zufügt, pusht die anderen weiter nach oben. Konzepte, die mit Stammlesern arbeiten, haben fast durchwegs von Googles update profitiert.

RP-Online investiert weiter in digitales Wachstum

von Steffen Greschner am 23. November 2011 · 196 Kommentare

Die Rheinische Post gehört schon länger zu einem der Vorreiter, was neue Erlös- und Geschäftsmodelle angeht. Einen inzwischen sehr weit entwickelten Konzeptansatz für den Umstieg auf 100% Digital, verfolgt die Rheinische Post seit 10 Monaten mit RP Plus, einer digitalen Sonntagszeitung, die ausschließlich für Apples iPad angeboten wird:

Der Schritt zu RP Plus als rein digitales Angebot, kam laut Pojektmanager Sebastian Brinkmann aus der einfachen Überlegung, dass die Rheinische Post traditionell keine Sonntagsausgabe anbietet: “Wie kriegen wir den 7.Tag gefüllt und was ist das richtige Produkt für das iPad?”

Bewusste Entscheidung digitales Testprojekt

Bei der Rheinischen Post hat man sich ganz bewusst für ein 100% digitales Sonntagsmagazin für das iPad entschieden – finanziell zahlt sich das momentan zwar noch nicht aus, ist aber eine spannende Spielwiese. Natürlich ist das Ziel mit RP Plus langfristig Geld zu verdienen. In erster Linie bietet das Projekt heute aber die Chance zu testen und neues Know How zu erlenen und zu entwickeln.

Team von Acht Mitarbeitern lernt, testet und entwickelt

Acht Mitarbeiter arbeiten Vollzeit an RP Plus. Großteils rekrutiert aus dem eigenen Haus. Die Rheinische Post testet mit RP Plus momentan neue Darstellungsformen und Möglichkeiten. Die Redakteure entwickeln Konzepte, die Geschichten in Text, Bild, Ton und Video transportieren:

Zum Angebot gehören spannende Reportagen und Analysen, dazu Porträts und Interviews – in gewohnter Qualität der Rheinischen Post, aber in einer völlig neuen, multimedialen Aufbereitung. Interaktive Grafiken, Bilderstrecken, Videos und 360°-Panoramafotos setzen neue Standards bei der Umsetzung der Themen.

Projektleiter Sebastian Brinkmann sieht in RP Plus auch die Chance neue Erlösmodelle zu testen. Zum Beispiel mit 360°-Ansichten zu Shoperöffnungen oder in Auto-Präsentationen. Aktuell wird das Sonntagsmagazin für 1,59 Euro pro Ausgabe oder etwas günstiger im Abo angeboten.

Die Zukunft für das Projekt ist gesichert

Zu Download-Zahlen wollte RP-Online nichts sagen, außer den bekannten Satz: “Wir sind mit der Entwicklung sehr zufrieden.” Der Projektleiter macht aber auch klar, dass zum derzeitigen Zeitpunkt mit RP Plus kein Geld verdient wird. Dafür hat das RP PlusTeam eine extrem lange Wunschliste neuer Entwicklungen und Anpassungen angesammelt und das ist für das Projekt momentan am meisten wert. Eine grobe Einschätzung, dass bei RP Plus die Zahlen ganz anständig sind, gibt die Facebook-Fanpage mit knapp 500 Fans und recht guter Teilhabe.

DNAinfo.com: unsere Reporter sind das beste Marketing

von Steffen Greschner am 22. November 2011 · 283 Kommentare

Der New Yorker Observer hat einen Artikel über das lokale Manhatten-Nachrichtennetzwerk DNAinfo.com geschrieben. DNAInfo ist seit 2009 in New York am Start und wird von Joe Ricketts, einem privaten Investor finanziert, der auch als CEO auftritt (und unter den Top 1.000 bei Forbes ist).

Aktuell hat DNAinfo angekündigt, stärker zu wachsen und weitere kleinlokale Gebiete New Yorks und mit Chicago auch die erste weitere Stadt zu beackern. Die spannendsten Aussagen im Observer-Artikel sind die Infos zur Vermarktung von DNAInfo:

The fatal flaw of the hyperlocal model is that local business display advertisements, for the most part, can’t fund journalism. Small businesses can’t afford ad agencies, so they are difficult to reach without serious man power on the sales side and are easily lured toward the quick cash flow of local deals sites. But perhaps not for long.

According to Ms. de Kretser, DNAinfo’s locally embedded reporters are its best marketing tool. It’s often after interfacing with a DNAinfo reporter that a local business inquires about advertising opportunities. And as small businesses grow disenchanted with Groupon and its competitors, which have been less successful at breeding loyal customers than in unleashing a firehose of coupon clippers, there is an opening for DNAinfo. The site’s display advertising promotes special deals at the salons and restaurants in the neighborhoods they cover

DNAinfo’s rates are low, but Ms. de Kretser, who also serves as DNAinfo’s publisher, said the precise targeting pleases advertisers and the click-through rates are “quite amazing.”

In den Staaten haben lokale Netzmedien inzwischen einen komplett anderen Stellenwert als bei uns. Sowohl Leser-, wie auch Investorenseitig. In einem Artikel das US-Branchendienstes Streetfight zur New Yorker Local-StartUp-Szene, wird DNAinfo inzwischen in einem Atemzug mit Foursquare genannt:

With its expansion, DNAinfo joins a new class of hyperlocal companies — led by tech startups like Foursquare — that were spawned in New York City and now are in the process of scaling their products into other markets. New York (and Manhattan in particular) has become a hotbed of hyperlocal activity in recent years.

DNAinfo ist insgesamt wohl das momentan am weitesten entwickelte lokale Netzmedium weltweit. Vor allem Vermarktungsseitig sind viele neue Ideen in der Mache.

Jungfrau Zeitung startet lokale Kampagne und App

von Steffen Greschner am 22. November 2011 · 1.660 Kommentare

Die Jungfrau Zeitung ist als Vorreiter im lokalen (Online)Journalismus bekannt. Herausgeber Urs Gossweiler setzt zu 100% auf lokale Inhalte und hat das jetzt auch konsequent in einer sehr guten Werbekampagne umgesetzt:

Sich so klar lokal zu positionieren würde auch vielen anderen Angeboten gut stehen. Das ist vor allem deutlich sympathischer als die gewohnten Qualitätsjournalismus-Kampagnen.

Besser spät, als nie: Jungfrau als App

Außerdem hat die Jungfrau Zeitung vor kurzem ihre iPhone und iPad App vorgestellt. Etwas später als viele anderen, was Urs Gossweiler auch in einem lesenswerten (PR)Interview offen erklärt:

Wir waren lange Zeit der Meinung, dass Apps nur ein Zwischenschritt sind, dass die Entwicklung wieder zurückführt auf das World Wide Web. Aber es stellte sich heraus, dass Smartphone-Benützer nicht mit dem Webbrowser arbeiten, sondern fast ausschliesslich mit Apps. Dieses erste Zögern ist der Grund dafür, dass wir nun nicht wie bei früheren medialen Entwicklungen zu den Ersten gehören.

Im Vergleich zu nationalen Medien kommt die App tatsächlich etwas spät. Im lokalen Bereich, sind aber bisher noch die allerwenigsten mit Apps auf diesem Niveau ausgestattet. Eine Ausnahme ist LokalNews aus Passau, die ebenfalls eine gute App anbieten.

E-Commerce Blog erwirtschaftet 350.000 Euro in 2011

von Steffen Greschner am 21. November 2011 · 114 Kommentare

Mit Blogs lässt sich kein Geld verdienen” die 2.: Exciting Commerce ist ein Branchenblog und ein Netzwerk zu Themen rund um den E-Commerce, in dem ich mit [x Politics] selbst aktiv bin. Jochen Krisch hat heute erstmals Zahlen veröffentlicht: rund 350.000 Euro Jahresumsatz in 2011. Erzielt durch feste Premiumpartner/Sponsoren in Onlinewerbung und vor allem durch Veranstaltungen, die rund um Exciting Commerce entstanden sind:

Zuletzt hat Exciting Commerce aber eine zunehmende Eigendynamik entwickelt: Alleine 2011 haben sich die bloggetriebenen Einnahmen vervierfacht – auf gut 350.000 Euro (exkl. Marketingbudget, auf das wir erfreulicherweise weiter komplett verzichten können). Wenn es ähnlich dynamisch weitergeht, liegt das Gesamtbudget 2012 erstmals im siebenstelligen Bereich.

Zurückzuführen ist das Wachstum zum einen auf den Publishingbereich, der sich besser entwickelt denn je und zunehmend mehr Interessierte (Nutzer wie Werbepartner) anzieht. Vor allem aber auf den Veranstaltungsbereich, der sich nach vielem Experimentieren zu einer tragenden Säule entwickelt und in diesem Jahr erstmals für das Gros der Einnahmen (wie der Ausgaben) sorgt.

Spannend zu sehen, dass das, worum wir uns im Blog bemühen, nämlich einen möglichst abwechslungsreichen Mix aus spannenden Infos und tiefergehenden Analysen, auch auf andere Felder übertragbar ist. War das Echo auf die letztenLive Shopping Days im März schon überwältigend, so hat die K5 Konferenzbereits beim Debüt sämtliche Erwartungen übertroffen. Was uns natürlich für die kommende exceed Konferenz extremst motiviert.

Hut Ab! Ich freue mich schon auf “Mit Blogs lässt sich kein Geld verdienen” die 3.!

Google geht in den Staaten den Schritt, den Verlage und Lokalzeitungen in Deutschland verschlafen: Lokalzeitungen Google als Marktplatz für den Einzelhandel. Ähnlich wie mit dem Projekt Online Motor Deutschland, startet Google USA momentan damit lokalen Händlern kostenlose Webseiten anzubieten.

Was aber noch wichtiger ist: Google positioniert sich, mal wieder, als DER Ansprechpartner. Neben den kostenlosen Angeboten sollen Events und Workshops dabei helfen, dem lokalen Einzelhandel den Zugang zum Netz so einfach wie möglich zu machen. newyorkgetonline.com:

Die Positionierung als Dienstleister ist dabei ein intelligenter Schritt den Schulterschluss mit kleinen, lokalen Einzelhändlern zu suchen. Diese Art von Kontakt hatten bisher die ortsansässigen Verlage. Google will mit der Initiative natürlich das eigene Werbegeschäft ankurbeln. Die Gründe gerade den lokalen Bereich voran zu treiben, liefert Google gleich mit:

Small businesses are vital to America’s economic future; the nation’s 27.5M small businesses comprise half the US GDP and create two-thirds of all new jobs. While 97% of Americans look online for local products and services, 52% of New York small businesses do not have a website. That’s a lot of small businesses that are virtually invisible to potential customers looking online.

Gerade in lokalen Gebieten sind solche und ähnliche Modelle der absolut richtige Ansatz. Nach wie vor sind viele Einzelhändler nicht im Netz vertreten und brauchen dringend Hilfe. Wer sich jetzt als der richtige Ansprechpartner in Stellung bringt, kann ganz neue Erlösmodelle denken und anbieten. Es geht gerade für journalistische Angebote darum, sich online neue Märkte zu erschließen und aktiv zu gestalten. Nicht nur auf Leser, sondern auch auf Händlerseite.

Die lokale Community aus Händler und Leser – extrem spannende Spielwiese

Mit etwas Kreativität lassen sich daraus in Zukunft unzählige Erlösmodelle entwickeln, die nicht nur das simple und altmodische Ziel haben, dem Einzelandel das Geld für Anzeigen aus der Tasche zu ziehen. Wer auf der einen Seite die Leser mit gutem Journalismus überzeugt und auf der anderen Seite einen partnerschaftlichen Kontakt zu den Händlern pflegt, der hat eine extrem spannende Spielwiese: Die lokale Community.

Lokale StartUps: unterfinanziert und zukunftsfest

von Steffen Greschner am 18. November 2011 · 72 Kommentare

Weil es toll zur momentanen Debatte zur Tragfähigkeit lokaljournalistischer StartUps passt: Auch in den USA werden Lokalblogs durchaus kontrovers diskutiert. Einen tollen Denkanstoß dazu hat das Streetfightmag heute gegeben:

Financial sustainability is one of the most debated issues among those in digital hyperlocal media. Observing the various business models created to serve hyperlocal communities, many industry outsiders have questioned the feasibility of media outlets that rely on small audiences and engaged local merchants for survival.
(..)
Let’s take a brief look at the history of communication to explain:

  • Many thousands of years ago, local media at its base level existed through animated story-telling. Eventually, written language was invented, but continued to face limitations due to an inability to mass-produce and a largely illiterate population — thus media in spoken word dominated.  Influential figures in government, educators, and even the town gossip controlled the “media.”
  • Fast-forward to the largest historical shift in communication with Gutenberg’s invention of the printing press in the 15th Century. A new hyperlocal media business model is formed with locally distributed pamphlets, leaflets, and eventually newspapers. This drastic increase in community information for the common man empowered social change, gave birth to the Age of Enlightenment, and arguably was a major stepping stone in the road to the Industrial Revolution.
  • The Industrial Revolution and the continuation of innovation throughout the 20th Century provided the hyperlocal media industry with the tools to thrive through various forms of rich local media outlets — television, radio, newspapers, and print media such as area guides, coupon books, and local directories. Improved communication, a global supply chain, and technological innovation allowed the media business as a whole to drastically expand. Even in suburban communities, such as my hometown in Bucks County, Penn. (outside of Philadelphia), the local market supported four local newspapers, four printed lifestyle magazines, a half-dozen area guide booklets, local radio stations, and more. And that’s completely separate from regional Philadelphia media outlets. Local media thrived.
  • Today’s digital revolution, with the creation and ever-growing accessibility of various forms of online communication, is again driving radical changes in the way communities receive information. New tools like social media, group buying platforms, and mobile & tablet technology are giving birth to innovative business models that are currently fighting to figure out the best way to provide information and services to communities.

Streetfight kommt zum einzig richtigen Schluss: Es wird neue Modelle geben. Diese Modelle müssen wachsen und immer wieder angepasst werden. Um das Finanzielle muss man sich dann irgendwann keine Gedanken mehr machen:

As online and mobile gain more and more traction, there’s no doubt that the public is moving in a digital direction. As media innovators have done in the past, the hyperlocal industry will adjust their business models to fit the evolving times.  The business community can stop debating whether hyperlocal sites are sustainable and begin concentrating on defining its value and creating superior models.

Das macht einmal mehr deutlich, dass die Diskussionen um “Idealismus” und “davon kann keiner Leben” am Thema vorbei gehen. Es braucht noch viel mehr mutige StartUps, die sich dem Thema annehmen und neues ausprobieren.

Prenzlberg-Nachrichten trägt sich erstmals selbst

von Steffen Greschner am 18. November 2011 · 234 Kommentare

Die Prenzlauer Berg Nachrichten ist eines der journalistischen StartUps, das seine Arbeit sehr ordentlich macht. Gründer Philipp Schwörbel feiert das einjährige Bestehen des Prnzlberger Lokalblogs mit einer gedruckten Sonderausgabe in 60.000er Auflage und einer schönen Nachricht gegenüber dem Netzleser: “der Monat November wird sich – wie es aussieht – finanziell tragen“. Exakte zahlen hat Philipp Schwörbel leider nicht genannt und es ist immer schwer aufgrund von Annahmen Prognosen aufzustellen.

Gegenüber dem Journalist hat Philipp Schwörbel allerdings im Oktober einige Einblicke gegeben, aus denen sich ein mittlerer 4-stelliger Monatsumsatz schließen lässt:

Ich sage jetzt nichts zu unseren Honoraren, aber wir reden nicht nur von 50 oder 100 Euro. Wer jeden Tag für mich arbeitet, könnte seinen Lebensunterhalt davon bestreiten.
(..)
Im Moment haben wir – neben unseren ehrenamtlichen Mitstreitern – vier regelmäßig arbeitende freie Redakteure, von denen immer einer oder eine für einen Tag oder ein Thema verantwortlich ist.

Zwar betont Schwörbel auch, dass er selbst mit dem StartUp noch nichts verdient aber nach 11 Monaten ist zumindest zu sehen, dass die eingeschlagene Richtung stimmt.

Lokalblogs arbeiten mit langfristigen, lokalen Werbepartner

Auch die Prenzlauer Berg Nachrichten versuchen von Restplatzvermarktnern wegzukommen. Auf der Startseite laufen zwar noch einige Plätze, die aber immer mehr lokalen Anzeigen weichen. Spannend ist, dass man bei den Prenzlauerberg-Nachrichten, ähnlich wie bei der Tegernseer Stimme, auf langfristige Partner setzt. Seit Juli dieses Jahr bieten die Prenzlauer Berg Nachrichten dafür ein Partnerprogramm an:

Unsere Partner unterstützen unsere Arbeit mit einem überschaubaren monatlichen Betrag und helfen so, die Unabhängigkeit unserer Berichterstattung zu sichern. Im Gegenzug bieten wir unseren Partnern eine starke, glaubwürdige Plattform, ihre bestehenden und neuen Kunden in Prenzlauer Berg zu erreichen.

Stolze 14 Partner konnte man so in den letzten vier Monaten gewinnen, die jeweils mit einer eigenen Portraitseite und teilweise unterstützend mit Werbebannern präsentiert werden:

Print bringt Leser und weiteren Zugang zu Werbekunden

Die gedruckte Jubiläumsausgabe ist bereits die zweite Printversion der Prenzlauer-Berg-Nachrichten. Die erste Ausgabe erschien am 2. Mai dieses Jahr. Der Grund für die gedruckte Ausgabe ist ganz klassisches Marketing für die Webseite:

Wir stellen unsere Arbeit damit einer noch größeren Leserschaft vor. Die Zeitung erzeugt zusätzliche Reichweite und stärkt die Marke “Prenzlauer Berg Nachrichten”. Die Printausgabe stellt keinen besseren, sondern einen weiteren Zugang zu Werbekunden dar.

Gedruckt wird die Printausgabe übrigens auf den gleichen Rollen, wie die Berliner Zeitung. Na also: Online meets Print.