Jim Brady hat die Washingtonpost.com erfolgreich ins Internet geführt und arbeitet heute für JournalRegister Company, einem Dienstleister um Lokalzeitungen den Weg ins Internet zu zeigen. Im Interview mit dem Hyperlocal-Newsmagazin StreetFight erklärt Brady seine Sicht auf Lokale Nachrichtenangebote, bzw. Lokalblogs. Und was das für lokale Geschäfte bedeutet und welche Probleme sie mit den neuen Angeboten haben:

Local businesses want one thing over everything else: customers in their stores. There are very few local advertisers who do branding campaigns online. They want foot traffic in their stores. And small businesses that may consist of only one shop know that reaching the people who live and work near that area is crucial. Between the web and mobile, there are plenty of ways to reach those potential customers digitally. But many of those small local advertisers aren’t even advertising on the web yet, so the gap between what technology makes possible and what local advertisers are familiar with is quite large.

Auch den Punkt Community-Building sieht Bradly als extrem wichtig an:

If you can succeed in making a local site an ATM of sorts for that community (when I need something, I automatically go there), then you’re on the way to winning. And mobile is the future, especially for local. I say that because mobile gives us one amazing piece of data about most of our consumers: Their exact location at a specific point in time. That’s amazing data to have when it comes to delivering news, traffic, weather alerts, public transportation times, yard sale locations, advertising, etc. But, in the end, the one thing all local sites need to be successful is a relationship with its audience.

Das komplette Interview gibt’s bei Street Fight. Da gibt’s übrigens noch viel mehr lesenwerte Themen und Interviews.

Langsam aber sicher sehen die deutschen Zeitungsverlage die Chance, die im Groupon-Modell steckt. Seit dem der WestDeal vor ziemlich genau einem Jahr gelauncht wurde, springt auch der Rest auf. Ganz aktuell stehen zwei Groupon-Klone aus Verlagshäusern neu in den Startlöchern:

Unter www.neckaralbdeal.de (noch nicht freigeschaltet) versucht sich die Reutlinger General-Anzeiger Verlags GmbH + Co. KG mit ihrem zweiten Klon. Bereits online ist der www.schwabenland-deal.de, der bisher den Raum Tübingen und Reutlingen abdeckt. Der Starttermin für den NeckarAlbDeal soll der 1. Juni 2011 sein. Mit dem Raum Neckar-Alb bietet der Klon Angebote aus einem Gebiet ohne nennenswerte Großstadt an. Gebiete in denen das große Vorbild Groupon bisher noch wenig aktiv ist.

Groupon-Klon vom Reutlinger General Anzeiger

Etwas verwundert hat die (noch inoffizielle) Ankündigung, dass auch die FAZ mit dem www.rheinmaindeal.net (noch nicht freigeschaltet) ab 1. Juli 2011 an den Start geht. Gerade bei der FAZ wird die Integration des Groupon-Klons in das Verlagsangebot wohl die größte Herausforderung. Vielleicht tut man der FAZ damit aber auch unrecht und man hat dort inzwischen aus der Zusammenarbeit mit etlichen Bloggern etwas gelernt.

Insgesamt stehen für diesen Sommer noch etliche andere Groupon-Klone in den Startlöchern. Von insgesamt etwa zehn neuen Verlags-Groupons ist momentan die Rede. Ob diese es allerdings schaffen, die treuen Zeitungsleser auch wirklich sinnvoll an die neuen Angebote heranzuführen, muss erst noch bewiesen werden. Eine Übersicht der bereits bestehenden Klone habe ich hier zusammengestellt.

Knackpunkte werden auch in Zukunft die Bildung von aktiven Communities rund um die Onlineangebote, die Integration in den redaktionellen Content und das richtige Verständnis in den Anzeigenabteilungen sein. Schön aber auf jeden Fall, dass inzwischen deutliche Bewegung in den Markt kommt.

Mehr zum Thema auf netzleser:
Coupons und Gutscheine als Chance für (Lokal)Zeitungen
Welt Online Energieauktion: gut umgesetztes Gruppenkauf- bzw. Groupon-Konzept
e-commerce vs. Journalismus: Groupon-Konzepte für Lokalzeitungen
WESTDEAL: Groupon hyped das lokale Netz

CIA’s ‘Facebook’ Program Dramatically Cut Agency’s Costs

Die zahlen wenigstens ordentlich und an der Steuer vorbei… ;-)

Tegernseer Stimme: Lokal wird Online wird Print

von Steffen Greschner am 12. April 2011 · 418 Kommentare

*update vom 12. April 2011*
Das Print-Magazin ist inzwischen verteilt. Anschauen kann man es sich unter folgendem Link: Tegernseer Stimme Magazin als PDF
Für einen Lokalblog sieht das Magazin sehr professionell aus. Und durch die monatliche Erscheinungsweise ist es vielleicht auch für die Werbepartner interessant. Das Werbeumfeld ist zumindest hochwertiger, als bei der Lokalzeitung oder den Anzeigenblättern vor Ort.

*ursprünglicher Artikel vom 17. März 2011*
Bei der Tegernseer Stimme tut sich inzwischen einiges. Die Besucherzahlen sind mit rund 800 Unique-Visitors täglich und über 1.300 Facebook-Fans sehr passabel. Vor allem, wenn man bedenkt, dass es sich um ein Einzugsgebiet von knapp 16.000 Lesern handelt. Für April ist jetzt bei der Tegernseer Stimme erstmals eine gedruckte Ausgabe eines Lokalblogs angekündigt. Monatlich will man in Zukunft das gedruckte Magazin kostenlos verteilen. Das eigentlich interessante an dem Konzept ist dabei aber die Herangehensweise:

Tegernseer Stimme mit Printmagazin

  • Die Kunden bestimmen die Anzeigenpreise selbst – nach erscheinen des Magazins
  • Bezahlt wird erst nachdem die Kunden wissen, was ihnen die Anzeige wirklich gebracht hat
  • Im Werbeflyer (Download als PDF) wird direkt auf Konzepte wie Rabatt-Coupons, Gutscheine oder Einladungen hingewiesen. Der Kunde wird aktiv zum Experimentieren mit neuen Ideen aufgefordert
  • Den Kunden wird kostenlose Inhaltliche und grafische Unterstützung angeboten
  • Es werden Feedbackgespräche mit den Anzeigenkunden geführt und dabei auch der endgültig zu bezahlende Preis für die Anzeige festgelegt
  • Gehandelt wird nach dem “online first Prinzip”. Heißt, die Artikel des Printmagazins sind vorab im Internet erschienen

Nach Aussage von Peter Posztos, Geschäftsführer und Herausgeber der Tegernseer Stimme, ist die Resonanz bisher sehr positiv. Die Anzeigenplätze sind sehr gut ausgebucht und einige der Kunden haben schon im Vorfeld marktübliche Anzeigenpreise angeboten, um die Idee zu unterstützen.

Print als logische Ergänzung zu online

Mir gefällt vor allem, dass sich damit ein modernes Online-Medium nicht der klassischen Printwelt verschließt. Der Schwerpunkt liegt nach wie vor in der Aufarbeitung für das Netz. So lange Print aber in diesem Fall noch funktioniert, spricht nichts dagegen, die Situation für sich zu nutzen.

Spannend wird auch, in wie weit die Anzeigenkunden im Anschluss bereit sind für online Werbung Geld auszugeben. Auch die Bereitschaft für andere Konzepte wie Coupons oder Gruppenaktion wird sich erst noch zeigen müssen. Mit dem Tegernseer Tal hat man schließlich nicht gerade das experimentierfreudigste Eckchen Deutschlands zu beackern. Der Ansatz ist zumindest sehr spannend.

Die Tegernseer Stimme ist inzwischen übrigens auch Mitglied im Lokalblog-Netzwerk ISTLOKAL.de

Der Autor des Artikels ist selbst seit der Gründung als Berater und Freund bei der Tegernseer Stimme dabei. Nur, dass es da keine Mißverständnisse gibt… ;-)

Auf Welt Online läuft seit letzten Freitag, 08. April 2011, zum zweiten Mal eine Energieauktion. Das Prinzip dahinter ist vergleichbar mit einem Groupon-Konzept mit mehr Laufzeit. Welt Online sucht bei der Aktion Leser, die ihren Strom- oder Gasanbieter wechseln möchten. Im Anschluss findet eine Auktion mit den Kundendaten statt. Heißt: Die Wechselwilligen werden an den Stromanbieter versteigert, der den günstigsten Preis für die Welt Online-Community bietet (oder an den, der die höchste Provision zahlt… ;-) ). Die Teilnehmer haben im Anschluss bis zum 06. Juni Zeit das Angebot anzunehmen oder eben nicht. Der Wechsel, einschließlich aller Formalitäten, wird bis zum Jahresende von ichoosr.com durchgeführt. Ein Holländischer Anbieter, der solche Auktionen schon öfters erfolgreich durchgeführt hat.

Schön ist die Integration des Konzeptes in den redaktionellen Content. Bereits am Freitag gab es einen Artikel auf Welt Online, der damit einsteigt, dass die “großen Energiekonzerne” ihre Marktmacht ausbauen können, nur weil viele Leute zu Faul zum Wechseln sind. Anschließend wird die Energieauktion, der Ablauf und die Vorteile erklärt. In der Rubrik “Geld” läuft der Artikel immer noch als redaktioneller Content. Heute Vormittag war auf der Startseite auch ein Wallpaper geschaltet, das auf die Aktion hingewiesen hat. Leider war ich zu langsam mit einem Screenshot und jetzt ist er weg. Aber auch sonst wird die Aktion an verschiedenen Stellen auf Welt Online klassisch beworben – mit thematisch zum Artikel passender Bannerwerbung.

Insgesamt haben sich zum jetzigen Zeitpunkt 1.353 Leser zu der Auktion angemeldet (11.04. /17:25 Uhr).

Schön zu sehen ist auch die Reaktion der Leser in den Kommentaren. Haben sich bei der letzten Energieauktion im Oktober 2010 noch die Mehrzahl der Kommentatoren eher kritisch, bis ablehnend geäußert, sieht es bei der jetzigen Auktion schon deutlich wohlwollender aus. Entweder sortiert die Redaktion dieses Mal besser aus oder – was ich denke – die Leser sind durch Groupon und Co. langsam an solche Aktionen gewöhnt und erkennen den Mehrwert. Die redaktionelle Begleitung im Artikel und auf der FAQ-Seite ist bei der jetzigen Auktion auch nochmal besser und aktivierender gelungen, wie bei der ersten.

Jetzt muss Welt Online aber auch liefern: Angenommen wird die Aktion nur, wenn der Leser zum Schluss auch wirklich einen Mehrwert, sprich eine Ersparnis hat. Aber das sollte den Verantwortlichen wohl klar sein… ;-)

— update vom 17. August —
Nachdem seit Montag mit rheinmainDEAL (F.A.Z und Frankfurter Neuen Presse) und mydealbayern (Passauer Neue Presse) zwei neue Verlags-Groupons dazu gekommen sind, habe ich die Liste aller Groupons aus deutschen Verlagen bzw. Regional- und Zeitungsverlagen mal wieder aktualisiert.
— ursprünglicher Artikel vom 4. April 2011 —

Die Integration von Groupon- und Coupon-Angeboten ist ein vielversprechender Weg indirekte Erlösmodelle im Online-Journalismus zu realisieren

Verlage testen Groupon – oft leider lieblos

Seit einiger Zeit tut sich in dem Bereich auch schon was. Die WAZ hat mit WestDeal vor rund eineinhalb Jahren vorgelegt. Inzwischen sind einige andere Zeitungen und Verlage nachgezogen. Eine Übersicht über die aktuellen Verlags-Groupon-Klone:

http://www.westdeal.de/ WAZ-Mediengruppe
http://www.sachsendeal.de/ Leipziger Verlags- und Druckerei GmbH & Co. KG
http://www.norddeal.de/ Verlagsgesellschaft Madsack GmbH & Co. KG
http://www.schwabenland-deal.de/ Reutlinger General-Anzeiger Verlags GmbH + Co. KG
http://www.rheinmaindeal.de/ F.A.Z. und Frankfurter Neue Presse
http://www.mydealbayern.de/ Passauer Neue Presse Verlags GmbH
http://www.rheinneckardeal.de/ Rheinpfalz Online GmbH & Co. KG
http://www.bayerndeal.de/ Main Post GmbH & Co.KG

In eine sehr ähnliche Richtung gehen die Auktions-Angebote, die von einigen Verlagen momentan angeboten werden, bzw. in den Startlöchern stehen:

http://www.hamburg-bietet.de/ Hamburger Abendblatt / Axel Springer AG
http://www.welt-bietet.de/ Welt Online / Axel Springer AG
http://www.sachsenbietet.de/ Chemnitzer Verlag und Druck GmbH & Co. KG
http://reiseauktion.mainpost.de/ Main-Post GmbH & Co. KG
http://auktion.tagesspiegel.de/ Verlag Der Tagesspiegel GmbH
http://www.das-bietet-zeitreiseauktion.de/ ZEIT online GmbH

Gemein haben alle von Verlagen gestarteten Groupons, dass sie von ein und demselben technischen Anbieter betrieben werden: banghaus Print-Online-Auktions GmbH. Die Idee dahinter ist recht clever. Den Verlagen wird eine All-In-One Lösung geboten, die den Einstieg bzw. den Test für Groupon-, Coupon- und Auktions-Seiten als Erlösmodell einfacher machen soll. Es sind keine hohen Investitionen für Technik, Software und Design nötig und auch mit der Betreuung fallen intern keine Kosten an.

Die Konzepte müssen gut integriert werden

Kritisch sehe ich an der Sache, dass sich die eigentliche Anbieter, sprich die Verlagshäuser, nicht wirklich tiefgründig mit den Modellen und Konzepten dahinter auseinander setzen. Einen ähnlichen Ansatz gab es vor einigen Jahren schon mit diversen Live-Shopping Whitelabel-Lösungen. Ähnlich wie damals werden einige der Angebotsseiten ziemlich lieblos integriert und laufen als Stiefkind auf der X-ten Unterseite oder sind versteckt in den Shopping- oder Service-Rubriken.

Eine Sinnvolle Verknüpfung findet – gerade online – nicht oder nur sehr unzureichend statt. Wenn überhaupt, wird mit Bannerwerbung auf die Angebote hingewiesen. Eine redaktionelle Integration und der Verusch, die Angebote und die Vorteile dahinter den Lesern näher zu bringen gibt es nicht.

Nur mit der technischen Seite ist es aber nicht getan. Ein sauber aufgesetzter Groupon muss redaktionell begleitet werden und vom Leser als Abwechslung und Erlebnis wahrgenommen werden. Nur so wird aus dem Groupon-Angebot auch ein wirklicher Mehrwert und daraus ergibt sich die Chance auf ein tragfähiges Erlösmodell im Online-Journalismus.

Hier warte ich noch auf den einen oder anderen Verlag oder Lokalblog, der mit einem räumlich extrem begrenzten Groupon aufzeigt, was und wie man mit dem Konzept etwas erreichen kann. Richtig eingebunden, ist davon sicher einiges zu erwarten.

Mehr zum Thema auf netzleser:
Coupons und Gutscheine als Chance für (Lokal)Zeitungen
e-commerce vs. Journalismus: Groupon-Konzepte für Lokalzeitungen
WESTDEAL: Groupon hyped das lokale Netz

Was spricht eigentlich dagegen, dass Zeitungen zum größten Online-Einzelhändler ihrer Stadt werden? Zum Technologieanbieter, der an der Quelle für das richtige Marketing sitzt. Geld verdienen mit Umsatz, anstatt mit dem Verkauf von Werbefläche – mit dem andere ihren Umsatz steigern sollen.

Modehändler gehen einen neuen Weg: Die Community

Das klingt vielleicht sehr weit hergeholt aber eine Modewebsite hat gezeigt, was möglich ist, wenn man nur weiter denkt als die Anderen. Die Idee nennt sich FASHIONGALERIE und ist ein Zusammenschluss verschiedener deutscher Mode-Einzelhändler. Anstatt selbst in den teuren Aufbau einer Webseite mit Onlineshop zu investieren, haben sich die Händler zusammengetan und bieten ihre Waren auf einer gemeinsamen Plattform an. Das spart Kosten bei der Entwicklung und beim Marketing. Jochen Krisch hat das Konzept auf excitingcommerce näher erklärt.

Und jetzt kommt der Dreh zu den Journalistischen Geschäftsmodellen

Auf den ersten Blick ist die Idee zwar nett, hat aber nichts mit einem Geschäftsmodell für den Online-Journalismus zu tun. Auf den zweiten Blick kann aber gerade in solchen Ideen die Zukunft für Tageszeitungen und ihre Onlineangebote liegen.

Die Zeitung als absoluter Platzhirsch vor Ort täte gut daran, wenn Sie ihre Macht der Reichweite anders als nur durch das Verbreiten von Nachrichten und Werbefläche nutzen würde. Ich zitiere mich an dieser Stelle einfach mal selbst aus einem Artikel, den ich im März 2010 auf The European geschrieben habe: ;-)

Den Zugriff auf oft mehrere Hunderttausend Menschen nur für den Verkauf von Werbefläche zu nutzen ist zu wenig. Sich einfach zurücklehnen, die Anzeigenabteilung ans Telefon setzen und auf Buchungen warten, wird in Zukunft nicht mehr ausreichen. Zeitungen müssen zu Technologieanbietern werden, lokale (Online-)Communitys aufbauen und lernen, diese zu kapitalisieren. Menschen sind nicht nur Werbepreise, Abonnenten und Artikelleser, sondern eine Gemeinschaft, die unterhalten, versorgt und unterstützt werden will.

Die Zeitungen haben oft den besten Kontakt zu den örtlichen Einzelhändlern: Leider oft verschwendet durch Akquiseanrufe für die nächste Sonderseite. Vielen Einzelhändlern wäre mehr geholfen, wenn man ihnen wirklich helfen würde, anstatt ihnen steigende Umsätze durch den Verkauf von überteuerten Werbeplätzen zu versprechen.

Die Zeitung als Marktplatz für den Einzelhandel

Warum nicht als Zeitung eine eigen Unit aufbauen, die sich um die richtige Präsentation der ansässigen Einzelhändler kümmert. Ein Shopsystem ist schnell aufgebaut und bereichert mit der richtigen Präsentation auch die eigene Zeitungswebseite. Die Zeitung fungiert als Technologieanbieter und Vermarkter. Verschickt wird über den jeweiligen Anbieter der Ware. Abgerechnet auch. Die Zeitung bekommt eine klassische Vermittlungsprovision.

Nicht der klassische Weg aber ein durchaus gangbarer: Ein Zusammenschluss der Online-Angebote des örtlichen Einzelhandels – Präsentiert durch die örtliche Zeitung.

Das heißt aber auch, dass Zeitungen Ihr Business anders begreifen müssen. Der Journalismus dient als Rahmen und als Lockmittel. Verdient wird mit der geballten Kompetenz der örtlichen Händler. Von irgendwas muss der gut recherchierte Inhalt schließlich auch bezahlt werden. Die klassische Anzeige wird das online wohl nicht schaffen. Zumindest nicht alleine.

Die Facebook-Seiten laufen bei einigen Zeitungen noch unter der Rubrik “muss man halt auch haben” – zumindest zwingt sich der Eindruck bei vielen Angeboten leider auf. Erstens suche ich bei den meisten Zeitungs-Webseiten Ewigkeiten, bis ich überhaupt auf das Facebook-Angebot komme und zweitens ist das, was mir dort dann geboten wird oft langweilig bis unter aller Sau.

Wenige wollen Fan der Tageszeitung werden

Auffällig ist, dass die meisten Zeitungen demzufolge auch nicht sonderlich viele Facebook-Fans haben – zumindest in Relation zu den verkauften Auflagen. Was ich nicht finde, kann ich nicht gut finden. Und was mir nichts bietet, will ich nicht gut finden. Eine Leserlogik, die sich auch in ernüchternden Zahlen ausdrücken lässt:

Im Gegensatz dazu haben reine Online-Medien mit dem Auftritt auf Facebook deutlich geringere Probleme. Teilweise junge Titel haben hier klar die Nase vorne: Lokalblogs wie der Solinger-Bote, die Tegernseer Stimme. Prenzlauer Berg Nachrichten oder die Ruhrbarone haben 1.000 oder mehr Fans – und das bei teils sehr kleinen Einzugsgebieten. (Klatsch und Tratsch scheint im Netz sowieso ungebrochen: Das Online-Magazin Promiflash hat über 530.000 Fans. Das Thema alleine reicht aber nicht. Alt eingesessene Titel wie Gala oder Bunte schaffen es nicht mal auf 5.000 Fans)

Wie sieht ein guter Facebook-Auftritt für Zeitungen aus?

Der Schlüssel zum Erfolg liegt in der Menschlichkeit. Mit den Lokalblogs können sich die Leser identifizieren. Es wird nicht das Gefühl des unnahbaren Journalisten vermittelt, sondern des Schreibers von nebenan. Einer von uns, der sich für uns die Mühe macht zu berichten. Der Autor steht selbst für Hinweise und Kritik zur Verfügung und reagiert stellenweise auch ganz menschlich: Er freut sich und ist auch mal beleidigt oder direkt.Auch die Motivation auf den Lokal-Seiten scheint deutlich größer: Es werden Gewinnspiele und Mitmachaktionen angeboten und andere Aktionen getestet.

Das gleiche Prinzip zieht auch bei Promiflash: Mit Daniel Härtnagel wurde ein Blogger erfolgreich, der sich schon seit Jahren auf Promipranger mit Gossip, Klatsch und Tratsch identifiziert – und das sehr persönlich und nicht aus Sicht des Journalisten.

Wer Fans will, muss persönlich werden

Der größte Unterschied zu den klassischen Medienhäusern besteht aber in der Art, wie mit den Leserkommentaren umgegangen wird. Während auf den großen Portalen erstens überhaupt wenig kommentiert wird, sieht man recht deutlich, dass die Kommentare nur sehr sporadisch bis nie beantwortet werden. Sinnvolle Diskussionen entstehen so nicht. Der eigentliche Autor des Textes ist oft nicht beteiligt und es antwortet maximal eine neutrale “Redaktionsstimme”. So ist es für die Leser nur schwer nachvollziehbar, warum man sich als Leser überhaupt zu den Artikeln äußern soll, wenn sich der Verfasser nie selbst dem Leser stellt.

Facebook für Zeitungen als Invest in die Zukunft

Warum es gerade für Zeitungen in Zukunft wichtig sein wird, auch auf Facebook viele Leser zu haben, zeigt ein Blick auf die Möglichkeiten neuer Geschäftsmodelle im Onlinejournalismus: Immer mehr Umsatz des Onlinehandels wird sich in Zukunft direkt über Facebook abspielen. Schon seit langem ist Facebook dabei eine eigene Webwährung zu entwickeln. Und auch der Hype um Groupon könnte sich in nicht allzulanger Zeit auf Facebook interne Kanäle verschieben. Dort plant man zumindest ein starkes Gegengewicht aufzubauen und bietet auch lokalen Anbietern die Möglichkeit eigene Groupon-Aktionen durchzuführen. Warum gerade Groupon-Konzepte für Lokal- und Regional-Zeitungen ein riesiges Potential bieten habe ich schon vor über einem Jahr in einem Artikel thematisiert.

Wer die Facebook-Fans hat, hat die Zielgruppe der Zeitung

Auch ohne, dass man zum jetzigen Zeitpunkt direkte Geschäftsmodelle für sich erkennt oder weiter ausschließlich auf Bannerwerbung setzt, sollte eines immer klarer werden: Wer Facebook vernachlässigt, spielt mit seiner Zukunft. Gerade die einstigen Massenmedien gehen sträflich mit dieser neuen Öffentlichkeit um. Wer in der Offline-Welt mit 200.000 gedruckten Zeitungen jeden Tag den Ton angibt, hat online mit 3.000 Fans nicht viel zu melden. Und das werden über kurz oder lang auch die Werbekunden registrieren.

Die Blinkenlichten Produktionen GmbH & Co. KG ist die Produktionsfirma von Mario Sixtus und Julius Enders. Den meisten wird wahrscheinlich vor allem der elektrische Reporter ein Begriff sein. Seit gestern gibt es unter BlinkenTV auch einen eigenen Youtube-Kanal. Unter den ersten Filmchen sind einige sehr interessante, von denen ich den hier gleich mal ausgesucht habe.

Hier noch ein Zitat aus der Video-Beschreibung:

Gillmors Kernthese lautet: In einer Welt, in der jeder, der will, publizieren kann, muss sich Journalismus vom Vortragsmodell lösen und zu einem Gespräch werden. Medienmacher müssen auf die Stimme ihres vormals stummen Publikums hören und sie in den journalistischen Prozess integrieren.

Der Netzleser meldet sich zurück

von Steffen Greschner am 17. März 2011 · 104 Kommentare

Jetzt war fast ein Jahr Ruhe auf dem Netzleser. Das hatte zwei Gründe: erstens hat mir einfach die Zeit gefehlt. Die Tegernseerstimme hat doch ganz schön an den Ressourcen gesaugt und ich bin auch längere Zeit krankheitsbedingt ausgefallen. Zweitens hatte sich irgendein fieser Spam-Server in die Installation vom Netzleser gehackt. Ich habe also alles nochmal neu aufsetzen müssen. Dazu hat mir lange die Zeit gefehlt (siehe erstens) – und so richtig Lust dazu hatte ich eigentlich auch nicht. Irgendwie unbefriedigende Arbeit sowas…

Genug gejammert: Jetzt geht’s hier zumindest wieder weiter. Das Thema Hyperlocal-Blogs beschäftigt mich nach wie vor und auch sonst gibt es viel zu berichten. DAS absolute Geschäftsmodell hat noch immer keiner gefunden. Aber es kommt langsam aber sicher mehr Bewegung in die Sache. Gut so!